єɱєɾɠєɳƈєˢ – learning about natural emergent systems with code

єɱєɾɠєɳƈєˢ ist eine wachsende Sammlung aus visuellen, interaktiven und mathematisch basierten Systemen. Sie umfasst Schwarmverhalten, Delaunay-Strukturen, fraktale Aufspaltungen, magnetische Felder, organische Wachstumsprozesse und viele weitere Mechanismen, die aus wenigen Regeln komplexe Erscheinungen erzeugen.
Diese Sammlung ist kein einfaches Archiv von Code – sie ist ein Werkzeug zum Verstehen der Welt. Ihr Fokus liegt dort, wo echte Einsicht entsteht: in der Emergenz, also dem Moment, in dem aus einfachen Bausteinen etwas Neues, Größeres, nicht Vorhersehbares entsteht.

Die Beispiele sind überwiegend mit frei verfügbarer, web basierter Software wie p5.js, three.js oder GLSL entwickelt. Die Arbeiten bauen dabei maßgeblich auf die Grundlagenarbeit von Daniel Shiffman’s Nature Of Code und Generative Gestaltung von Julia Laub und Benedikt Groß auf.

WORK IN PROGRESS unter: https://emergence.turboflip.de/

єɱєɾɠєɳƈєˢ ist im Rahmen des Seminars เภՇєɭɭเﻮєภςєˢ zusammen mit Prof. Katja Davar und Studierenden an der Hochschule Mainz entstanden.

Das Denken in Regeln, statt in Dingen

Intelligenz ist nichts, was nur im Kopf einer Maschine oder eines Menschen stattfindet. Sie zeigt sich überall dort, wo Systeme aufeinander reagieren, Muster bilden und sich anpassen – in Vogelschwärmen, Wurzelsystemen, Meeresströmungen, sozialen Gruppen oder ökologischen Kreisläufen.

Die Tutorials, Experimente und Codes in єɱєɾɠєɳƈєˢ bilden diese Prozesse in abstrakter Form nach. Dadurch wird spürbar, wie Welt nicht aus Objekten besteht, sondern aus Beziehungen.
Man lernt nicht, was etwas ist, sondern wie es entsteht. Genau dieses „Wie“ ist der Schlüssel zur Gestaltung, zur Kreativität und zum Verständnis ökologischer Zusammenhänge.

Emergenz verstehen — Komplexität aus Einfachheit

Im Zentrum von єɱєɾɠєɳƈєˢ steht das Prinzip der Emergenz. Es beschreibt den Moment, in dem aus einfachen Bausteinen etwas Neues entsteht, das man nicht mehr direkt aus den Einzelteilen ableiten kann. In Code Beispielen wird sichtbar, wie sich aus simplen Regeln ganze Welten formen: Ein Schwarm, der aus vielen einzelnen Punkten besteht, beginnt plötzlich, sich wie ein lebendiges Wesen zu verhalten. Eine Menge zufälliger Punkte verwandelt sich durch Delaunay-Verbindungen in ein stabiles Netz, das zugleich mathematisch präzise und ästhetisch überraschend wirkt. Eine rekursive Funktion lässt aus einer kleinen Linie ein ganzes Geflecht wachsen, das einem Ast, einem Gebirge oder einem Flusslauf ähnelt.

Wenn man Emergenz versteht, begreift man, dass Komplexität nicht chaotisch ist, sondern aus präzisen Wechselwirkungen entsteht. Man versteht auch, dass Natur nicht aus einzelnen Formen besteht, sondern aus stetigen Beziehungen zwischen Kräften, die sich gegenseitig beeinflussen. Dieses Verständnis ist ein Schlüssel für kreatives Arbeiten, weil es zeigt, wie aus wenigen Regeln ein enormes gestalterisches Potenzial entsteht. Wer mit emergenten Systemen arbeitet, beginnt zu sehen, wie stabile Strukturen wachsen, wie sie sich anpassen, wie sie zerfallen und wie aus diesen Prozessen etwas Neues hervorgeht. Man bekommt ein intuitives Gefühl dafür, wie Welt funktioniert und warum so vieles in der Natur gleichzeitig effizient, schön und funktional wirkt.

Entwerfen mit Kräften statt Formen

Die Sammlung єɱєɾɠєɳƈєˢ eröffnet eine neue Art des Gestaltens. Statt Formen direkt zu zeichnen oder zu konstruieren, werden Kräfte, Regeln und Wechselwirkungen definiert, aus denen sich die Formen anschließend entwickeln. Dadurch entsteht ein kreativer Prozess, der weniger kontrollierend und mehr dialogisch ist. Man gestaltet nicht mehr ein Objekt, sondern ein Verhalten. Das Bild, die Struktur oder das Muster wächst, reagiert, verschiebt sich, verknüpft sich neu. Es ist ein Entwerfen, das der Natur ähnelt: Man setzt Bedingungen, beobachtet das Ergebnis und greift ein, wenn die Dynamik sich in eine unerwünschte Richtung entwickelt.

Diese Herangehensweise führt zu einer Ästhetik, die organisch, lebendig und vielschichtig wirkt. Die entstandenen Strukturen besitzen eine innere Logik, die über das rein gestalterische – künstlerische hinausgeht. Sie sind nicht nur schön, sondern auch nachvollziehbar, weil sie aus einem Prozess hervorgegangen sind. Dadurch entsteht eine besondere Form von Kreativität, die über das intuitive Zeichnen hinausgeht. Sie verbindet gestalterische Vorstellungskraft mit einem tiefen Verständnis für Prozesse, für Wachstum, für Reaktion und für das sensible Gleichgewicht zwischen Ordnung und Unvorhersehbarkeit.

Kreisläufe sichtbar machen – Nachhaltigkeit verstehen

Ein zentraler Wert von єɱєɾɠєɳƈєˢ liegt in seinem Bezug zur Nachhaltigkeit. Die Natur arbeitet niemals linear. Sie entwickelt sich in Kreisläufen, in Rückkopplungen, in Prozessen des Wachsens, Vergehens und Wiederkehrens. Genau diese Logiken lassen sich in deinen interaktiven Systemen besonders klar erkennen. Emergenz macht sichtbar, wie alles miteinander verbunden ist und wie sich Stabilität nicht durch Kontrolle, sondern durch Anpassung ergibt.

Wenn man diese Prinzipien in visueller und interaktiver Form erlebt, versteht man Nachhaltigkeit nicht mehr als moralische Pflicht, sondern als grundlegende Funktionsweise von Welt. Man sieht, wie Ressourcen durch Netzwerke fließen, wie sich Strukturen selbst regulieren und wie sich Systeme nur dann erhalten, wenn sie auf Veränderungen reagieren können. Dieses Wissen lässt sich direkt auf Design, Architektur, soziale Räume und technische Systeme übertragen. Es wird deutlich, dass nachhaltiges Gestalten dort beginnt, wo man Beziehungen, Rückkopplungen und langfristige Entwicklungen berücksichtigt. Die Sammlung macht genau das anschaulich, indem sie zeigt, wie Kreisläufe entstehen, wie sie funktionieren und wie fragil oder robust sie sind.

Die Welt intuitiv verstehen

Der wertvoller Aspekt von เภՇєɭɭเﻮєภςєˢ besteht darin, dass komplexe Ideen nicht theoretisch erklärt, sondern unmittelbar visuell und interaktiv erfahrbar werden. Man erkennt auf nonverbaler Art, wie Strukturen entstehen, wie sie sich verändern und wie sie durch kleinste Anpassungen beeinflusst werden können. Dieser intuitive Zugang vermittelt ein Verständnis von Welt, das nicht aus Büchern stammt, sondern aus Beobachtung, Interaktion und spielerischem Experimentieren.


zuletzt geändert: 2025-12