Die Interpretation der Zeichnung obliegt der subjektiven Wahrnehmung des Zeichners und Lesers. Ein objektiver Informationstransfer bleibt ohne Orientierungssystem unmöglich. Ob auf symbolischer oder formaler Ebene kann ein solches Regelwerk Aufschluss über den Inhalt, bzw. die zugrundeliegende informelle Konstellation geben. Am folgenden Beispiel soll ein Entwurf davon gezeigt werden.
Interpretationsebenen, einzelne Linie, Gruppierung, Konstellation/Dynamik
properties of the single line
Die Grundlage der algorithmischen Interpretation einer Zeichnung sind die Eigenschaften der einzelnen sichtbaren Linien. Dazu gehören:
definition of a visual topography
Durch die Verdichtungen und ähnliche Eigenschaften von Linien entsteht für Uns eine differenzierbare Topographie der Zeichnung. Die Gruppierungen sprechen viele Wahrnehmungsebenen an, wie beispielsweise Perspektive, Oberflächenbeschaffenheit oder Aggregatzustand: Unser gesamtes Vokabular an visueller Erfahrung wird zur Deutung der visuellen Konstellation aufgebracht.
discovering the constellation
bloße Analyse unspannend:
Das Auge wandert, bleibt nirgendwo stehen = guided movement!
Warum? Wir versuchen instinktiv bekannte Formen wiederzuerkennen, Symbole zu erkennen, um zu kategorisieren und in unserem inneren Koordinatensystem einzuordnen.
Welcher Rhythmus liegt der Anordnung zugrunde?
Welche Geschwindigkeit, Wiederholung, Takt?
Wo läuft das Auge entlang? Welche Wege werden oft gegangen, welche Sackgassen, welche Sprünge?
In welchen kausalen Zusammenhang stehen die visuellen Cluster?
Welcher Raum ist zu erkennen?
Färbung TOnhöhe?
the try to provoke a meaning
Die Beschäftigung mit den vorangegangenen Betrachtungsparameter erzeugt beim Leser ein ausgeprägtes Abbild einer für Uns nur schwer beschreibbaren neuronalen Reizkette. Wir erfahren eine Diffusion aus Wahrnehmungs- und Deutungsebene, die sich im Belanglosen verliert, wenn Wir versuchen eine Gegenstäändlichkeit oder eine Symbolik darin zu erkennen. Das Auge meandert durch die Formen, und durch deren Assoziationen, die rhythmisch aufblitzen und eine diffuse Menge an Deutungspartikeln erzeugen, die für uns in keinem Zusammenhang stehen. Unser visueller Apparat führt uns ins Irre.
the rhythmic information in nature
Sämtliche Materie – von der Teilchenebene bis zum ganzen Universum – ist durchzogen und geformt von den vier Grundkräften. Alle nicht vom Menschen hergestellten Dinge sind direkte Manifestationen dieser Kräfte. Die Form von Wolken, die Proportionen von Baumgeäst, die Form von Flussströmungen – alle werden maßgeblich durch die Rhythmik dieser vier Grundkräfte bestimmt. Diese Formsprache scheint uns sehr nah und bekannt, wird selbst unsere Gestalt und all unsere Bestandteile davon durchzogen und geformt – doch bleibt Uns oft vollkommen verschlossen, was die Deutung dieser Formen betrifft.
Diese Konstellationen, geprägt durch Tempo, Wiederholung, Verdichtung oder Richtung – enthalten eine schier endlose Menge an Informationen. Die Zeichnung ist dabei nur eine Momentaufnahme eines fortlaufenden Prozesses, dessen Wissen wir noch nur erahnen können.
capturing the drawing process
Die umfassende Beschreibung des Zeichenprozess in allen Fassetten ist nahezu unmöglich. Die Beobachtung des zeichnenden Körpers wiederum lassen uns Verhaltensmuster erkennen und beschreiben. Wir können also durch die Beobachtung des Prozess auf Regelwerke stoßen, welche die Zeichnung als unbekannte Sprache, umrahmen kann.
Der durchgeführte Zeichenprozess wird einer übergeordneten Methode unterliegen die von dynamischen Regelwerken geprägt ist. Die folgenden Fragen sollen beantwortet werden:
the basic ruleset
Regelwerk ist darauf ausgelegt eine vermittelnde Ebene zu erzeugen. Folgende Frage soll beantwortet werden: Worauf legt der zeichnende Körper während des Prozess das Augenmerk? Welche Parameter wurden modifiziert? Wie kann die vollendete Zeichnung aus prozesshafter Sicht gelesen werden?
ruleset entsteht mit edges:
– linienlänge
– krümmung
– rotation
– ähnlichkeit zu nachbarn
– spaceing
– ausrichtung
– noise
– oscillation
Warum? Steigerung der Lesbarkeit der Zeichnung für den Leser.
the artist has to choose, what to tell in his/her language – 50% comes from the artist – the rest is made up in the head of the reader
the operative ruleset
Während jedes Striches durchläuft der zeichnende Körper eine operative Schleife, die zu einem Regelwerk führen soll, welches den gestalterischen Prozess beschreiben soll.
Beginn mit einem Proposal von Ruleset – kann ästhetischer herkunft sein… impuls
#1 apply the ruleset – Zunächst gilt es die bestehenden Regeln anzuwenden.
#2 verify the ruleset – im Laufe des gestalterischen Prozess treten Konflikte oder Situationen auf, die zu Beginn nicht absehbar waren. Ob von logischer oder ästhetischer Ebene stammend gilt es diese auszumachen und ggf. zu Schritt #3 weiterzuleiten.
#3 modulate the ruleset – Das Regelwerk ist stets als beweglich und veränderbar zu betrachten – orientiert es sich doch an der Beschreibung des Prozess, der derselben Veränderlichkeit unterliegt. Die Veränderung oder die Entwicklung von neuen Regeln ist dabei der Kern dieser Stufe.
drawing is no common language
“drawing is a language – the funny thing is: In drawing, there are so many languages exist, as there is artist”. – Joos Swarte
Wir können ein Bild beschreiben, erklären, wie und unter welchen Umständen es entstand, wer es hergestellt hat und warum. Während unser Sprachsystem darauf angelegt ist Kommunikation herzustellen, obliegt dem Bild eine kommunikative Ambivalenz. Es wird niemals Regeln geben, wie ein Bild zu lesen sein wird. Was also können wir aus der visuellen Sprache gewinnen, wenn nicht eindeutige Aussagen? – Ambivalenz.